Fußballgeschichten

Die Fußballgeschichte „Die Unabsteigbaren“ erschien im Jahre 2011 in der von Friedrich Grotjahn und Heide Rieck herausgegebenen Anthologie „Die Briefe, meine, lasest Du im Schlaf“ (Brockmeyer Verlag, Bochum):

 

Die Unabsteigbaren

 

 

Freitag, der 22. Juli 2011. Spieltag. Ralf Schüller war schon fast auf dem Weg, stand draußen vor der Tür, auf der Heckertstraße, stellte aber fest, dass etwas fehlte. Er lief noch einmal die Treppen hinauf bis zur dritten Etage. In der Wohnung hängte er sich den VfL-Schal über den Anorak. Der Schal hing immer griffbereit auf einem Kleiderhaken im Flur. Ordnung musste sein.

 

Am Spieltag führte sein Weg über den Grummer Deckel, unter dem vor einigen Jahren der Ruhrschnellweg verschwunden war. Auf dem Dach der Autobahn wuchsen jetzt Bäume, und einen Spielplatz mit Müttern und Kindern gab es auch. Weiter hinten, auf dem kleinen Rasenstück, kickten ein paar türkische Jungen mit einem Tennisball, alle auf dasselbe Tor.

 

Einer der Fußballer fragte, als er Schüller mit dem VfL-Schal sah: „Gegen wen spielt der VfL?“

 

„Frankfurt“, sagte Schüller.

 

„Eintracht Frankfurt?“

 

„FSV Frankfurt. Nicht die Eintracht.“

 

„Ach so“, sagte der Junge.

 

Drei eilige Männer überholten Schüller. Vielleicht hatten sie noch keine Karten. Aber das konnte in der zweiten Liga kein Problem sein. Die Männer unterhielten sich lautstark, gingen Varianten der Aufstellung durch, fragten sich, warum laut WAZ-Bericht der Koreaner Tese nicht spielen würde. Es war das erste Heimspiel in der neuen Saison, und schon jetzt wurde von einigen das System Funkel kritisiert. Der Trainer stelle die Mannschaft zu defensiv auf, war die einhellige Meinung. Schüller lächelte in sich hinein. Das waren so richtige Zweitligaprobleme.

 

Es war jetzt halb sechs. Das Spiel würde um 18 Uhr angepfiffen. Freitag, 18 Uhr! Was für Zeiten waren das? Richtige Abendspiele begannen nicht vor acht. Am Stadioncenter roch es nach Bratwurst und Bier. Er genoss diesen Geruch, saugte ihn ein. Vor den Kassenhäuschen gab es nur kurze Schlangen. Schüller schätzte, dass heute kaum mehr als zehntausend Besucher kommen würden. So war das eben in der zweiten Liga. Aus Frankfurt fuhren zu den Auswärtsspielen des FSV nur ein paar Unentwegte an. Die hätte man per Handschlag begrüßen können.

 

Klar, hinter der Ostkurve war es ein bisschen voller, im flutenden Zwielicht der hohen Masten färbten Fahnen und Schals den frühen Abend blau. Schüller passierte die Ostkurve, die ihm vertraut war. Hier hatte er als Student gestanden, auch mit Schal und Fahne, bevor er später auf den Sitzplatz im Block L umgezogen war. Seitdem hatte er auf die Fahne verzichtet.

 

Er marschierte weiter bis zur Castroper Straße, blickte noch einmal auf die Betonquader der wuchtigen Arena zurück und wandte sich dann nach links, entfernte sich wieder vom Stadion. Auf der anderen Seite der Straße lagen die Werkstätten der „Krümmede“, des Bochumer Gefängnisses. Nachbarn konnte man sich nicht aussuchen.

 

„Na, schon wieder nach Hause?“ fragte ein ganz in Blau Gekleideter, der Schüller entgegen kam. Der antwortete nicht, zwängte sich durch einen Pulk jugendlicher Fans und ging weiter bis zur Parallelstraße, bog hier nach links ab. Um zehn Minuten vor sechs stand er wieder vor dem Haus auf der Heckertstraße. Zwanzig Minuten, das war genau die Zeitspanne, die er sich am Spieltag einräumte.

 

Oben in der Wohnung setzte er sich auf das ziemlich abgewetzte Ledersofa, das er und Katrin vor vierzig Jahren gekauft hatten. Das war kurz vor ihrer Hochzeit gewesen. Mit diesem Sofa waren sie dann in ihre erste Wohnung in der Markstraße eingezogen. Ralf war noch Lehramtsstudent an der Ruhr-Uni gewesen, aber Katrin hatte schon Geld verdient, als MTA im Bochumer Bergmannsheil.

 

So schön alles angefangen hatte, so jämmerlich war die Sache zu Ende gegangen. Genau zweiundzwanzig Jahre hatte die Ehe gehalten, komischerweise genau so lange, wie der VfL in der ersten Bundesliga gespielt hatte. Im Jahr des ersten Aufstiegs hatten Katrin und er geheiratet, und das Ende ihrer Ehe war dann mit dem ersten Abstieg des Vereins in die Zweitklassigkeit gekommen. Das letzte Spiel im Juni 1993 hatte der VfL sogar noch gewonnen, drei zu eins gegen Wattenscheid. Und doch waren die Bochumer damals abgestiegen, während die Wattenscheider noch für ein weiteres Jahr in der Bundesliga bleiben durften. Eine besondere Schmach für Bochum. Die Unabsteigbaren gab es nicht mehr.

 

Als er damals, am 5. Juni 1993, von dem Spiel gegen Wattenscheid nach Hause kam, an einem Samstag war das gewesen, da hatte Katrin in der Zwischenzeit die gemeinsame Wohnung verlassen. Ihr hatten die beiden Halbzeiten und die Pause gereicht, um einen Schlussstrich zu ziehen. Sehr einfühlsam war das gewesen, sich gerade während eines Spiels, an dem so viel hing, einfach wegzuschleichen. Zwei Tage lang war sie vollkommen abgetaucht, dann hatte sie ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie zu einem Arzt aus dem Bergmannsheil gezogen war und dass sie nicht zurückkommen würde.

 

Ein Jahr später war auch Ralf Schüller aus der alten Behausung ausgezogen und hatte diese kleine Mansardenwohnung in der Heckertstraße bezogen. Er war bescheiden, brauchte nicht viel. Gäste kamen selten, manchmal ein Kollege aus der Schule. Eigentlich hatte er keine Freunde. Katrin hatte ihm nie erlaubt, jemanden einzuladen.

 

Wenn er aus dem Fenster der neuen Wohnung guckte, sah er die Flutlichtmasten. Mit dem Umzug war er zwar erheblich näher an das Stadion herangerückt, doch seit dem 5. Juni 1993 hatte er den Platz seiner heiligsten Erinnerungen nicht mehr betreten, hatte kein Spiel des VfL mehr besucht. Zweite Liga, das konnte nicht sein. Für Ralf Schüller gab es an jedem Spieltag Erstligafußball. Er hatte vorgesorgt.

 

Die alte Wanduhr, die er mal in Dänemark gekauft hatte, signalisierte ihm, dass es gleich losging. Es waren nur noch wenige Minuten bis zum Anpfiff. Er holte eine Flasche Fiege-Pils aus dem Kühlschrank und goss den Inhalt in einen großen Plastikbecher. Den stellte er vor sich auf den Couchtisch. Dann ging er zum Bücherregal. Dort standen einige Videokassetten, deren Etiketten gewissenhaft beschriftet waren. Er nahm die Kassette heraus, für die er sich zuvor entschieden hatte. Diesmal ein Pokalspiel aus der Erstligazeit, in der die Bochumer noch die Unabsteigbaren waren. Auf den Aufkleber war mit Schreibmaschine geschrieben:

 

VfL gegen den HSV, Halbfinale im DFB-Pokal am Dienstag, dem 12. April 1988.

 

Schüller schaltete den Fernseher ein und legte die Kassette in den Rekorder. Den VfL-Schal lockerte er ein wenig, ließ ihn jetzt ganz leicht über beide Schultern fallen. Auf dem Sofa saß er aufrecht, wollte es sich nicht zu bequem machen. Es war genau 18 Uhr.

 

Schmerzlich-schön empfand er das Eintauchen in die Erinnerung. Mit den ersten Bildern kamen vertraute Namen hoch und mit ihnen eine Zeit, in der Schüllers Welt noch nicht aus den Fugen war. Ralf Zumdick, die Katze, im Tor, Thomas Kempe, der Elegante, der Leichtsinnige als Libero. Vorn Uwe Leifeld, der Quirlige, dauernd in Bewegung, und dahinter der unvergessliche Andrzej Iwan, Polens genialer Spieler des Jahres, dem leider ein Hang zur Flasche nachgesagt wurde und der vielleicht deshalb nur so kurze Zeit in Bochum geblieben war. Auf der Bank saß Hermann Gerland aus Bochum-Weitmar als jüngster Trainer der Bundesliga.

 

Das Spiel war verkrampft, teilweise verbissen. Ein typisches Pokalspiel eben. Torszenen gab es zunächst nur wenige. Keine der beiden Mannschaften erspielte sich einen Vorteil. Schiedsrichter Scheuerer aus München übersah grobe Fouls der Hamburger. Besonders der Spieler Beiersdorfer tat sich in dieser Hinsicht hervor. Aber Weltstädte hielten eben zusammen.

 

Der junge Marcel Reif kommentierte kenntnisreich, manchmal auch ein bisschen überambitioniert, für das ZDF. Ralf Schüller hätte Reifs Kommentar mitsprechen können, so geläufig war er ihm. In der 28. Minute dann der Knaller von Martin Kree ins rechte untere Eck. Da war nichts zu halten für Jupp Koitka, den wackeren Hamburger Keeper. Die Ostkurve skandierte prompt: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin …“ Schüller griff ganz automatisch in die Brusttasche seines Anoraks und holte den Flachmann heraus, den er vor dem Spiel mit Korn aufgefüllt hatte. Jetzt ein erstes Schlückchen, das passte.

 

Die Pause nutzte er, um sich in der Küche eine Bratwurst zuzubereiten, allerdings nicht ganz stilgerecht, da seine Mikrowelle keinen Grill hatte. Er musste die Pfanne nehmen. Während die Wurst brutzelte, ging er auf die Toilette und pinkelte im Stehen. Katrin hatte ihn so erzogen, dass er sich beim Pinkeln hinsetzte; diese Gewohnheit hatte er auch nach der Trennung beibehalten, weil ihm die Begründung einleuchtete. Aber am Spieltag war das anders. Als er von der Toilette kam, war die Wurst schon fast braun. Er drehte sie noch einmal um, wartete zwei Minuten. Dann steckte er sie in ein großes Brötchen, das er für diesen Zweck besorgt und seitwärts gewissenhaft aufgeschnitten hatte. Senf aus der Plastikflasche quetschte er der Länge nach auf die Wurst.

 

Mit seiner Bratwurst stellte er sich für einen Moment ans Fenster, blickte hinüber zu den erleuchteten Flutlichtmasten. Er wusste nicht, was dort geschehen war, wollte es auch nicht wissen. Dann setzte er sich wieder vor den Fernseher; im Heute Journal aus Mainz wurde in der Halbzeitpause von einer Flugzeugentführung auf Zypern berichtet. Man sah Bilder von der entführten Boeing 747, die irgendwo auf dem Flugplatz von Larnaka stand; die Aufnahmen waren unscharf, wohl mit einem extremen Teleobjektiv aufgenommen. Schüller wunderte sich, wie er diese Geschichte vergessen konnte, obwohl er sich das Pokalspiel gegen Hamburg schon so oft angesehen hatte. Wahrscheinlich war er in der Halbzeit immer in der Küche gewesen.

 

Dann war Marcel Reif wieder da, und der Schiedsrichter pfiff die zweite Halbzeit an. Es gab keine Wechsel, überraschenderweise auch bei den Hamburgern nicht. Die mussten jetzt kommen, und der VfL konnte sich aufs Kontern verlegen, eine Rolle, die ihm sympathisch war. Eine Bananenflanke von Manfred Kaltz senkte sich bedrohlich in den Bochumer Strafraum, aber Katze Zumdick packte sicher zu. Dann endlich einmal die gelbe Karte für einen Hamburger. Jacobs hatte den Bochumer Nehl grob von den Beinen geholt. Der Hamburger Trainer wechselte nach einer knappen Stunde. Uwe Bein kam für Plessers. Gleich nach diesem Wechsel erzielte Andrzej Iwan das zweite Tor für Bochum. Es war ein Kullerball, den Koitka eigentlich mit der Mütze hätte fangen müssen. Aber er rutschte ihm durch die Hosenträger, wie es so schön hieß. Ralf Schüller nahm jetzt einen großen Schluck aus seinem Flachmann und noch einen größeren aus dem Bierbecher hinterher.

 

Mit dem Hamburger Okonski kam ein zweiter Pole auf den Platz. Das änderte aber nichts am Spielstand. Dieser Okonski hatte einen legendären Ruf, war aber irgendwie von der Rolle. Schüller amüsierte sich darüber, dass Marcel Reif offenbar bemüht war, die polnischen Namen korrekt zu artikulieren. Okoinski sagte er immer wieder. Hermann Gerland machte keine Anstalten zu wechseln. Kempe holte sich die zweite Gelbe im Pokalwettbewerb ab und war somit für das Endspiel in Berlin gesperrt. Das war bitter. Die Hamburger drückten jetzt, verlagerten ihr Spiel komplett nach vorn, aber es kam nichts Zählbares heraus.

 

Eine Viertelstunde vor Spielschluss wurde in einer Verletzungspause kurz nach Larnaka geschaltet, wo die Entführer damit begonnen hatten, einige ihrer Geiseln zu entlassen. Schüller empfand die Unterbrechung als störend. Wenn in Hamburg gespielt worden wäre, hätte sich die Mainzer Redaktion das nicht erlaubt. Nach einer Minute war man wieder im Stadion. Einen gefährlichen Flachschuss von Bein wehrte Zumdick mit einem Arm ab. Das Spiel wurde härter. „Kein Spiel für Feinschmecker“, so der diesbezügliche Kommentar von Marcel Reif. Powerplay der Hamburger. Aber Zumdick parierte weiterhin ganz stark.

 

Bei den Bochumern kam in der 83. Minute Thomas Epp für Jupp Nehl. Kurz vor dem Abpfiff holte Gerland den Polen Iwan vom Feld, der viel gerackert hatte, und Ata Lameck, das Bochumer Urgestein, in Hunderten von Erstligaspielen erprobt, kam auf den Platz. Achtunddreißig war er damals schon und hatte am Ende sogar noch eine Chance auf dem Fuß.

 

Zwei Minuten vor Schluss zweifelte auch Marcel Reif nicht mehr daran, dass Bochum weiterkommen würde im Pokal. Noch einmal sang die Ostkurve: „Berlin, Berlin …“ Letzte Ecke für Hamburg, Zumdick schnappte sich den Ball und leitete gleich den Gegenangriff ein; doch Legat vergab das drei zu null.

 

Abpfiff. Die Bochumer konnten die Tickets nach Berlin buchen. Der große HSV war besiegt. Der Gegner im Finale würde Frankfurt oder Bremen heißen. Am nächsten Tag fand das zweite Halbfinale statt, dann musste dort auch eine Entscheidung fallen. Als wieder in die Sendezentrale nach Mainz geschaltet wurde, leerte Schüller den Flachmann und stellte den Fernseher aus. Er war zufrieden und hatte keine Lust, über die Motive von Flugzeugentführern nachzudenken.

 

Während er die Kassette wieder ins Regal stellte, dachte Ralf Schüller schon an das nächste Heimspiel des VfL. Das würde erst in drei Wochen stattfinden, gegen einen der Absteiger aus der ersten Liga, nämlich gegen St. Pauli. Er betrachtete die Etiketten, strich mit dem Finger liebevoll über die Kassettenhüllen. Er hatte schon ein Spiel im Auge, das er sich am 12. August 2011 genehmigen wollte.

 

Die folgende Erzählung wurde in dem Sammelband "Sie schreiben in Bochum 2004", herausgegeben von Volker W.Degener und Hugo Ernst Käufer, publiziert:

 

Altersteilzeit

 

Block L, Reihe 8, Platz 14. Heute hatte er sich einen Sitzplatz gegönnt, zur Feier des Tages. Links von ihm, im Meer der Fahnen, lag die Ostkurve, sein vertrautes Terrain. Wolfgang war gerade noch rechtzeitig gekommen, um das erste Tor der Bochumer Mannschaft zu erleben. Es war die 9. Minute. Er hatte das Kissen aus dem Auto mitgebracht, hatte es sorgfältig zurechtgelegt und sich hingesetzt, was nicht ganz einfach war, weil ihn sein Wintermantel dabei behinderte. Genau in diesem Augenblick fiel das 1 : 0 durch Frank Fahrenhorst, den langen Abwehrspieler des VfL. Sunday Oliseh, erst kürzlich von der Borussia nach Bochum gekommen, hatte den Freistoß hereingegeben, und Fahne, so hieß er bei den Fans, brauchte nur noch den Fuß hinzuhalten. Die Ostkurve freute sich.

 

Es war Wolfgangs Tag gewesen in der Firma. Der 5. Februar 2003. Er hatte noch zwei Stunden gearbeitet, eher pro forma, bevor um 11 Uhr die Feiern begannen. Alles zu seinen Ehren. Der Chef war da und die Mitarbeiter, seine Kollegen, irgendwie doch Freundinnen und Freunde. Aus dem oberen Management waren ein paar Honoratioren erschienen, die alle viel jünger waren als er selbst. Nur der allerhöchste Boss der Firma hatte einen Gesandten geschickt, seinen persönlichen Referenten. Der hatte Grüße und Wünsche ausgerichtet und eine schöne Urkunde überreicht, immerhin. Blumen und Geschenke gab es, Wein in Kisten, 15 Jahre alten Whisky. Ein Buch über Aktivitäten im Ruhestand. Das lag jetzt alles im Kofferraum seines Opel Astra.

 

Trotz der Festlichkeiten, die ihm galten, hatte er zwischendurch immer wieder an den VfL Bochum denken müssen. Vor vier Tagen hatte die Mannschaft gerade noch eine traurige Vorstellung geboten, da war der VfL in Cottbus durch ein frühes Gegentor aus dem Takt geraten und hatte verloren, ausgerechnet in Cottbus. Heute sollten im Pokalspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern die Uhren umgestellt werden, da wollte man in Bochum an glorreiche Pokalzeiten erinnern, vielleicht konnte man auch etwas gegen das Bild der grauen Maus, gegen das Image der Fahrstuhlmannschaft tun. Sie waren doch früher mal die Unabsteigbaren gewesen. Heute gab es in Bochum das Viertelfinale im DFB-Pokal. Der VfL konnte einziehen in die Runde der letzten Vier.

 

Der Platz links neben Wolfgang war frei geblieben. Rechts von ihm saß ein älterer Herr, der sich die ganze Zeit mit seinem Nebenmann unterhielt und das Spiel kommentierte. Vor ihm hatten die Spielerfrauen ihre Plätze, einige von ihnen liefen dauernd mit ihren Kindern auf die Toilette. Andere tuschelten miteinander und schienen sich nicht für das Spiel zu interessieren. Wieder andere schlossen untereinander irgendwelche Wetten ab. Sie notierten ihre Tipps auf einem Zettel, den sie weiterreichten.

 

Auf dem Spielfeld gewannen die Lauterer mehr und mehr die Oberhand. Mit hohen Flanken versuchten sie, die Abwehr des VfL zu knacken. Und ihre kopfballstarken Spieler Klose und Lokvenc besaßen ohnehin die Lufthoheit im Bochumer Strafraum. Fast zwangsläufig gab es den Doppelschlag in der 22. und der 27. Minute. Zweimal war Lokvenc der Torschütze, zweimal mit dem Kopf. Martin Meichelbeck hatte ihn nicht halten können. Es stand 1 : 2. In der Ostkurve war es ganz still

 

Die Rede, die sein Chef gehalten hatte, war ihm ein wenig phrasenhaft vorgekommen. Auch in den Passagen, die ihm ganz persönlich galten, in denen der Chef ihn loben, seinen Werdegang in der Firma schildern wollte, erkannte er sich nicht wieder. Die frommen Sprüche passten auf die meisten von ihnen. Vielleicht hatte er sie auch schon zu oft gehört. Wolfgang hätte sich gewünscht, dass etwas von dem zu spüren wäre, was die anderen vermissen würden, wenn er nicht mehr da war. Etwas von dem, was ihn beim Gedanken an den Abschied nachdenklich und auch ein bisschen melancholisch machte. Aber vielleicht würden sie auch gar nichts vermissen. Vielleicht hatte er sich nur eingebildet, dass er beliebt war, witziger als die Kollegen, dass sie seinen Humor, seine Ironie mochten, dass er für das Betriebsklima unersetzlich war.

 

Der VfL zeigte Nerven. Die Bochumer Spieler wirkten unkonzentriert, einige von ihnen schienen sogar übermotiviert. Meichelbeck stand kurz vor der gelb-roten Karte. Trainer Neururer nahm ihn schon in der 30. Minute vom Feld und brachte Reis, auch einen Linksfuß. Ein guter Griff. Gleich bei seiner ersten Aktion stand Reis völlig frei und setzte einen Abpraller der Lauterer Abwehr zum Ausgleich in die Maschen. Wolfgang sprang auf und riss die Arme hoch, zusammen mit den vielen Bochum-Fans auf der Tribüne. Unverdiente Tore zählten doppelt. Es war erst die 33. Minute. Noch einmal so ein Glück, dann würde man beruhigt in die Pause gehen. Und effektiver als die Bochumer konnte man wirklich nicht spielen. Zwei Chancen, zwei Tore. Die Ostkurve war jetzt richtig wach.

 

Am Mittag waren sie dann alle zum Essen in eine Gastwirtschaft im Weitmarer Holz gefahren. Die Firma hatte sich wirklich nicht lumpen lassen. Der Raum war festlich geschmückt, es gab ein Menü mit vier Gängen. Vor dem Essen Sekt mit Apfelsinensaft. Und hinterher Zigarren. Er fand es schade, dass Maria nicht gekommen war. Aber mittwochs hatte sie Dienst in ihrer Schule, bis zum späten Nachmittag. Warum hatte sie sich nicht vom Dienst befreien lassen? 

 

Als er in der Gastwirtschaft den gedeckten Tisch gesehen hatte, wurde ihm noch einmal klar, dass dies alles seinetwegen geschah. Er war aufgeregt, trank viel Wein, danach ging es besser. Neben ihm saß der Chef, und auf der anderen Seite Albert, sein bester Freund in der Firma. Albert war sehr heiter, witziger als sonst. Er war ein paar Jahre jünger als Wolfgang und würde nicht nur seinen Schreibtisch, sondern auch seine Rolle als Muntermacher übernehmen.

 

Pause im Ruhrstadion. Wolfgang knöpfte den Mantel zu, schlug den Kragen hoch und quetschte sich durch die Reihe. Er musste zur Toilette und wollte sich am Stand ein Bier holen. Die Toilette war überfüllt. Zwei Schlangen trafen sich am Eingang, wo es immer eng wurde. Die einen rein, die anderen raus. An der Rinne hörte er die üblichen Sprüche. „Ker, wat soll dat noch werden?“ und „Sieht ni gut aus fürn VfL!“ und „Hömma, gezz fahrn wa dat Dingen na Hause!“

 

Er schlängelte sich durch die Trauben von qualmenden und trinkenden Zuschauern, drängte sich vorbei an der Bratwurstschlange bis hin zum Bierstand. Dort traf er seinen Zahnarzt, der ein Kind auf dem Arm hielt. Wahrscheinlich sein Sohn. Beide hatten sie dicke Wollmützen auf. Wolfgang winkte ihm zu. Der Zahnarzt lachte und zeigte mit dem Daumen nach oben. Erst jetzt registrierte Wolfgang, dass er schon den ganzen Tag über Zahnschmerzen gehabt hatte. Was für ein lächerlicher Zufall. Am Bierstand dauerte es fünf Minuten, bis er dran war. Er bestellte gleich zwei Bier; eins trank er trotz der Kälte in großen Zügen aus. Das Bier war viel zu kalt und tat seinen Zähnen weh, irgendwo vorne links. Den anderen Becher nahm er mit auf die Tribüne.

 

Der Schiedsrichter hatte schon wieder angepfiffen. Die Zuschauer in seiner Reihe mussten aufstehen, damit Wolfgang zum Platz 14 kam. Die Ostkurve intonierte im Volksliedton:

 

                                               „Und so zogen wir in die Bundesliga ein

                                               und wir werden deutscher Meister sein!“

 

Als er wieder saß, fiel ihm ein, dass er Maria vom Handy aus hätte anrufen können. Sie war jetzt allein zu Haus. Markus, Marias Sohn, hatte selbst Fußballtraining in irgendeinem Kreisklassenverein; danach würde er bei seiner Freundin übernachten, wie so oft. Wahrscheinlich wusste er überhaupt nicht, dass sein Stiefvater heute den letzten Arbeitstag erlebte. Wolfgang war jetzt einundsechzig und hatte die richtige Entscheidung getroffen. Altersteilzeit. Das war noch nicht die Rente, noch nicht der Absprung in den Tod. Aber er brauchte ab morgen nicht mehr zu arbeiten. Und er räumte seinen Platz für andere, die nachrücken konnten. Ob Markus überhaupt wusste, was für Wolfgang wichtig war? Früher war er mit ihm auch manchmal ins Stadion gegangen, wie der Zahnarzt. Aber das war lange her. Maria und Wolfgang hatten damals gerade geheiratet, für beide war es die zweite Ehe gewesen. Das machte die Sache nicht leicht, man war vorsichtig geworden und rechnete mit Empfindlichkeiten, im Grunde mit den eigenen.

 

Wolfgang erinnerte sich nicht, ob er Maria am Morgen mitgeteilt hatte, dass er nach der Verabschiedung gleich ins Stadion gehen wollte. Die VfL-Termine waren nicht ihre Sache, sie registrierte sie kaum. Wenn er vom VfL sprach, war sie in der Regel still, nahm geduldig hin, was er sagte, aber sie selbst reagierte nicht. Sie sagte überhaupt nichts zu diesem Thema. Deshalb war er, wenn es um den VfL ging, immer wortkarger geworden. Er wusste nicht, ob sie eifersüchtig war. Vielleicht verachtete sie ihn auch nur ein bisschen wegen seiner proletarischen Leidenschaft.

 

Auf dem Spielfeld wurde es ruppiger. Schiedsrichter Dr. Wack verteilte gelbe Karten. Delron Buckley wurde eingewechselt. Das Spiel verflachte; es gab eine Freistoß-Chance für Oliseh, aber der Ball strich über die Querlatte. Dann wurde auch er wegen Verletzung aus dem Spiel genommen. Gudjonsson kam für ihn, doch es sollte sich nicht viel ändern. Am Ende der zweiten Halbzeit wurden sogar die Gäste wieder stärker und hatten noch ein paar Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen. In der 83. Minute holte sich Schindzielorz die gelbe Karte ab. Die Folge war natürlich, dass er nicht mehr so energisch in die Zweikämpfe gehen konnte. Eins war klar, die Entscheidung musste heute fallen, ein Unentschieden gab es im Pokal nicht. Wolfgang stellte sich allmählich auf eine Verlängerung ein.

 

Unmittelbar mit dem Pfiff des Schiedsrichters eilte er wieder auf die Toilette, zwängte sich durch das eiserne Tor und brachte sich, wesentlich erleichtert, vom Stand noch ein Bier mit. Er wusste nicht so recht, ob er sich über die Verlängerung freuen oder ärgern sollte. Freuen, weil noch weitergespielt wurde, weil die Spannung anhielt, oder ärgern, weil die Spieler des VfL zu dumm waren, das entscheidende Tor zu schießen.

 

Im Grunde war es auch am Nachmittag so ähnlich gewesen. Freude und Leid - die Wahrheit lag irgendwo dazwischen, vielleicht auch ganz woanders. Nur noch ein paar Kollegen waren mit ihm im Büro geblieben. Einer hatte ständig Sektflaschen aufgemacht, während Wolfgang seine persönlichen Sachen Stück für Stück aus dem Schreibtisch räumte und in eine Umzugskiste packte. Viel war es nicht. Ein paar Familienbilder, seine Lieblingstasse, noch mehr Geschirr, zwei oder drei Bücher, die er auf Dienstreisen angelesen hatte und die dann im Schreibtisch verschwunden waren. Auch ein paar private Unterlagen waren dabei, von denen er nicht wollte, dass Albert sie las, eigentlich unwichtiges Zeug. Die Kollegen wollten helfen, aber es gab nicht mehr viel zu tun. Sie prosteten ihm immer wieder zu, waren heiter. Aber Wolfgang konnte sich nicht mehr so richtig freuen. Er spürte, dass er immer missmutiger wurde, wollte es sich aber nicht anmerken lassen. Vielleicht lag es am vollen Magen, und wahrscheinlich hatte er schon zu dieser Zeit Zahnschmerzen gehabt, zumindest unterschwellig. Ein trüber Tag. Welch ein Kontrast zu seinen Phantasien, die ihm noch bis gestern durch den Kopf gegangen waren. Diesen Augenblick hatte er sich meistens in leuchtenden Farben ausgemalt.

 

Anpfiff zur Verlängerung. Bochum spielte jetzt wieder mit der Ostkurve im Rücken. Die erste Chance hatten die Lauterer. Torwart Rein van Duijnhoven lenkte den Schuss von Mifsud um den Pfosten herum. In der 97. Minute traf Thomas Christiansen nur die Latte, und Paul Freiers Nachschuss wurde abgeblockt. Die Tribüne stand. Pokalatmosphäre pur. Beim Zuspiel von Wosz hob der Linienrichter die Fahne. Buckley stand angeblich im Abseits. Falsch. Die Fans brüllten:

 

                                                           „Hängt den Schirri

                                                           in der Ostkurve auf!“

 

Gegenzug der Lauterer. Und wieder war Lokvenc mitten drin. Mit einem satten Schuss von der Strafraumgrenze zirkelte er den Ball an van Duijnhoven vorbei ins linke untere Eck. Das war das 3:2 für Kaiserslautern. Das Ende. Dass dieser steife Kerl nicht zu halten war! Das sollte es also gewesen sein mit den Pokalträumen. Eigentlich konnte man jetzt nach Hause fahren. Auf der Tribüne hatten sich die Zuschauer wieder hingesetzt. Die Fans forderten im Stakkato ihrer Schlachtrufe:

 

„Kämpfen und siegen! Kämpfen und siegen!“

 

Und wirklich. Die Moral der Bochumer Mannschaft war nicht gebrochen. Sie drängten die Lauterer in die Defensive, drückten stark. Christiansen wurde im Strafraum gelegt. Der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt. Elfmeter. Christiansen schoss selbst. Mit dem 3:3 war wieder alles offen.

 

In der Pause der Verlängerung durften die Spieler das Feld nicht verlassen. Keine Zeit zum Bierholen. Wolfgang musste eigentlich wieder auf die Toilette. Das kalte Bier trieb. Oder war es die Aufregung? Er blieb an seinem Platz, trat von einem Bein aufs andere.

 

Albert hatte ihn noch ans Auto gebracht, hatte geholfen, die Sachen im Kofferraum zu verstauen. Es war spät gewesen, schon kurz vor sieben. Keine Zeit mehr für Abschiedstränen. Warum fing das Spiel auch schon um sieben an? Albert war das egal. Er hatte mit Fußball nichts im Sinn.

 

„Wir sehen uns wieder“, hatte er gesagt. „Und fahr vorsichtig! Eigentlich darfst du überhaupt nicht mehr ans Steuer. Willst du den Wagen nicht hier lassen?“

 

Aber das wollte er nicht. Bis ein Taxi käme, würde Zeit vergehen. Und er freute sich darauf, Maria am Abend die Geschenke zu zeigen. Das Auto musste mit.

 

„Wenn sie mir den Führerschein abnehmen, dann kann ich morgen nicht pünktlich ins Büro kommen“, hatte Wolfgang geantwortet. Aber es klang nicht lustig. Die Ironie funktionierte nicht. Albert lächelte höflich, winkte noch kurz und verschwand im Gebäude.

 

Gudjonsson verfehlte das gegnerische Tor nur knapp. Die Lauterer Fans spielten mit dem Feuer, sie warfen Rauchkerzen. Das Stadion versank für kurze Zeit im bunten Nebel. Es roch nach verbranntem Koks. Immer noch ein vertrauter Geruch in Bochum. Das Spiel wurde unterbrochen. Nach ein paar Minuten ließ der Schiedsrichter weiterspielen. Der Feuerwerfer wurde von der Polizei abgeführt. Die Bochumer Zuschauer applaudierten. Auf dem Spielfeld rutschte Buckley immer wieder aus. Fahrenhorst konnte den Ball mit dem Kopf nicht drücken und verfehlte das Tor. Ganz am Ende der Verlängerung ballerte Sforza noch einmal den Ball über das Bochumer Tor. Elfmeterschießen!

 

Wolfgang machte sich auf den Weg. Toilette. Bier. Draußen hörte er die Fans, die schon vom Pokalfinale träumten:

                                              

                                               „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“

 

Wieder zurück auf die Tribüne. Dort herrschte aufgeregte Spannung. Keiner saß mehr auf seinem Platz. Die Bochumer Spieler hatten sich am Mittelkreis versammelt und diskutierten darüber, wer schießen sollte. Das Tor in der Westkurve wurde ausgewählt. Ein kleiner Nachteil für den VfL. Man hätte lieber auf die Kurve mit den eigenen Fans geschossen. Als erster war Schindzielorz dran, der noch so spät die gelbe Karte bekommen hatte. Der Lauterer Torwart parierte. Auch van Duijnhoven hielt Kochs Ball. Dann vergab Reis, der Linksfuß.

 

Und alle anderen trafen. Auf beiden Seiten. Das Spiel war aus. Der VfL war draußen. Kaiserslautern gewann 7:6 nach Elfmeterschießen. Der Traum vom Finale in Berlin war ausgeträumt. Totenstille in der Ostkurve.

 

Block L, Reihe 8, Platz 14. Wolfgangs Seele war so leer wie der Platz, auf dem er gesessen hatte. Vielleicht hätte er die Niederlage auf einem Stehplatz in der Ostkurve besser weggesteckt. Draußen war es bitterkalt. Er musste erst seinen Wagen suchen, da er sich am Abend die Stelle nicht gemerkt hatte; irgendwo am Grummer Deckel, unter dem der Ruhrschnellweg verschwunden war. Als er im Auto saß, beschlug sofort die Scheibe. Die Straßen waren verstopft. Es ging nur langsam vorwärts. An der Gaststätte Goeke bog er in die Josephinenstraße ein. Bis zur Ampel, dann rechts und wieder links.

 

„Wo warst du?“ fragte Maria, als er die Wohnung betrat. Sie hatte einen Morgenmantel an und kam aus dem Schlafzimmer.

 

„Das weißt du doch, beim Pokalspiel im Stadion“, sagte Wolfgang und versuchte, wegen seiner Bierfahne nicht zu dicht an sie heranzukommen. Sie trug ihre Lesebrille, konnte also noch nicht geschlafen haben.

 

„Ich weiß überhaupt nichts. Seit drei Stunden warte ich auf dich.“

 

„Du hättest in der Firma anrufen können! Albert wusste es.“

 

„Das habe ich versucht. Da war niemand!“

 

Auf dem Tisch standen Blumen und Reste vom Abendessen. In einer Schale lag kaltes Fleisch, vor Stunden gebraten, schon etwas verbeult.

 

Maria sagte: „Markus war hier, mit seiner Freundin.“

 

„Wieso Markus?“

 

„Er wollte dich überraschen. Dir zum Ruhestand gratulieren.“

 

„Das habe ich nicht ahnen können.“

 

„Das haben Überraschungen so an sich.“

 

„Und überhaupt, wieso wollte mir Markus zum Ruhestand gratulieren? Ich bin noch kein Rentner!“ sagte er leicht verärgert. „Ich habe noch die Geschenke im Auto. Soll ich sie raufholen?“

 

„Warum?“

 

„Ich dachte, du willst sie sehen?“

 

„Das kannst du dir sparen! Deine Geschenke interessieren mich nicht. Und mach dir bitte nichts vor! Natürlich bist du ab morgen Rentner. Wie du das nennst, ist doch völlig egal! Altersteilzeit! Mach dich nicht lächerlich!“

 

„Was ist denn los mit dir?“

 

„Im Unterschied zu dir muss ich morgen arbeiten und gehe jetzt wieder ins Bett. Du wirst ja ausschlafen.“

 

„Du kannst doch nicht einfach ins Bett gehen! Heute!“

 

„Klar kann ich. Aber das wird dich nicht stören. Du kannst ja noch Bier trinken. An deinem Feiertag. Oder besser, trink gleich Schnaps!“

 

„Was habe ich dir getan?“

 

„Du hast eine Fahne! Das kann ja noch heiter werden.“

 

„Das musst du doch verstehen. Es gab Sekt in der Firma. Zum Abschied.“

 

„Wenn du getrunken hast, dann kannst du ja gut schlafen. Am besten bis zum Mittag, bis ich zum Kochen nach Hause komme.“

 

„Ich wollte mit dir noch ein Glas Wein trinken.“

 

„Du stinkst nach Alkohol! Lass mich zufrieden!“

 

„Bitte!“

 

„Du sollst mich zufrieden lassen!“

 

Als er das erste Mal zuschlug, wich sie ihm noch aus. Beim zweiten Mal traf er sie hart über der Wange. Ihre Brille fiel auf den Boden. Sie stolperte und lief aus dem Raum, schloss sich im Badezimmer ein.

 

Wolfgang nahm seinen Mantel und ging mit zögernden Schritten aus der Wohnung, aus dem Haus. Er hatte schlimme Zahnschmerzen. Irgendwo musste noch eine Kneipe offen sein.

 

(Rainer Küster: Altersteilzeit. In: Sie schreiben in Bochum 2004, hrsg. v. Volker W. Degener und Hugo Ernst Käufer, Essen 2004, S. 82 – 86)

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